Kurz vor dem Lockdown wurde das Oratorium «Herkules von Lubumbashi» im Parlamentsgebäude der gleichnamigen Minenstadt in der Demokratischen Republik Kongo aufgeführt. Elf kongolesische und europäische Musiker*innen nahmen die Plätze der Abgeordneten auf der Bühne ein. Im gemeinsamen Projekt des kongolesischen Choreografen und Tänzers Dorine Mokha, dessen Eltern ihr ganzes Leben in einem Bergbauunternehmen gearbeitet haben, und Elia Rediger, ein in der Demokratischen Republik Kongo geborener Schweizer Musiker (The bianca Story) und Komponist, geht es um die wachsende Nachfrage nach Kobalt, um Korruption und Ausbeutung im Minengeschäft und die Zerstörung von Lebensräumen.
Der mit dem Projekt angestossene transnationale Dialog über ökonomische Ungerechtigkeiten wurde mit den Einreisebeschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie jäh unterbrochen. Anstatt für die Aufführungen von «Herkules» nach Zürich zu reisen, sitzen die Beteiligten nun zu Hause vor ihren Bildschirmen. Als Reaktion darauf kreierten Mokha und Rediger zusammen mit der Dramaturgin Eva-Maria Bertschy flugs anstelle der geplanten Aufführungen auf der Seebühne eine wahrhaft grenzüberschreitende Musik- und Videoinstallation mit Live-Elementen. Sie soll daran erinnern, wie in einer globalisierten Welt alles zusammenhängt. Die Zuschauenden werden einzeln eingelassen und absolvieren einen Stationen-Parcours, wo sie den Protagonist*innen virtuell begegnen, einem Chor aus Bergarbeitern etwa oder den beiden Initianten Mokha und Rediger – Letzterem auch ganz real. Dabei werden sie Zeugen verstörender Realitäten, erfahren aber auch die Schönheit und die Brutalität von Musik.
«Herkules von Lubumbashi» ist keine Moralpredigt, hat aber eine klare Botschaft: Man müsse etwas tun, finden die beiden Künstler, und sich wehren gegen die skandalösen Machenschaften des Schweizer Rohstoffhändlers Glencore im Kongo. Der Konzern beute Land und Leute aus, ohne dafür die Verantwortung zu übernehmen. Dies beklagen auch Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen, Strafverfolger, Investigativjournalist*innen und die Verantwortlichen hinter der Konzernverantwortungsinitiative, über die im November abgestimmt wird. Korrupte Geschäfte, Steuervermeidung, Umweltzerstörung werden dem Milliardenunternehmen vorgeworfen. Die Folgen: Die Gewinne aus dem kongolesischen Minengeschäft fliessen alle ins Ausland oder in die Taschen von wenigen Politiker*innen, während die Bevölkerung leer ausgeht.
Doch wer könnte es mit einem globalen Wirtschaftsgiganten wie Glencore aufnehmen? Wer fordert die Götter heraus, die sich da oben im Olymp ihren Geschäften und Intrigen hingeben? In der Produktion von Mokha und Rediger heisst die Antwort: Herkules von Lubumbashi – eine mythische Figur aus der kongolesischen Minenstadt, Aktivist und Musiker, in den wir alle unsere Hoffnungen und Träume einer gerechteren Welt projizieren. (rb)
Konzept & Text | Elia Rediger, Dorine Mokha, Eva-Maria Bertschy |
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Komposition, Gesang & Performance | Elia Rediger |
Choreografie & Tanz | Dorine Mokha |
Dramaturgie | Eva-Maria Bertschy |
Mit | Dorine Mokha, Elia Rediger, Lucien Kahozi Kosha (Reporter), Ruth Kemna (Viola), Huguette Tolinga (Perkussion), Merveil Mukadi (E-Bass), Kojack Kossakamvwe (E-Gitarre) |
Chor | Les Troubadours de Lubumbashi |
Mit Musik von | Joseph Kiwele, Benjamin Weidekamp, Daniel Freitag und Kojack Kossakamvwe |
Szenografie & Bühne | Lukas Bangerter |
Video- & Audioaufnahmen Kongo | Douglas Kasamuna, Didier Kosmis |
Video- & Audioaufnahmen Schweiz | Susanne Hofer |
Editor | Ben Laser |
Tonmischung | Daniel Freitag |
Grafik | Katharina Reidy |
Produktion | PODIUM Esslingen |
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Koproduktion | Centre d’art Waza und Zürcher Theater Spektakel |
Premiere Videoperformance | Zürcher Theater Spektakel |
Bild | © PODIUM Esslingen |
Ein Projekt von | PODIUM Esslingen in Kooperation mit der Kaserne Basel, dem Centre d’art Waza, Art’gument Project, Auberge Manus, den studios kabako, dem düsseldorf festival und CTM Festival, gefördert durch den Fonds TURN der Kulturstiftung des Bundes und unterstützt durch Pro Helvetia. |
Koproduktion, Premiere
Rundgang 60 Min.
Deutsch und Französisch
Deutsch
alle 10 Minuten 3 Personen
Transcontinental Justice – Ein Themengespräch zu «Herkules von Lubumbashi»
Di 25.8., 20.30 Uhr, via Zoom.
Sprache: Englisch
Zugang über Digitale Angebote