Tim Etchells

Auf der Landiwiese, normalerweise das Festivalgelände des Theater Spektakels, steht dieses Jahr eine neue grossformatige Arbeit des britischen Künstlers und Performers Tim Etchells: «The Show». Der vollständige Text, den das Werk verkündet, ist ein kühner, spielerischer Imperativ: THE SHOW MUST NOT GO ON!

Auf einem Gerüstturm von zwanzig Metern Höhe wendet sich eine zwei Meter hohe Schrift aus Holz über den See hinweg an die Stadt. Zum einen als Referenz auf die aktuelle Unmöglichkeit grosser Kulturveranstaltungen und zum anderen als lautstarker öffentlicher Aufruf zu einer gesellschaftlichen Pause, zu kritischem Nachdenken und politischer Veränderung. In der Arbeit, die Etchells eigens für das Theater Spektakel kreiert hat, wird die aufmunternde englische Redewendung «the show must go on» durch einen kleinen provokanten Eingriff zu «the show must not go on» − eine einfache sprachliche Umkehrung, die komplexe neue Bedeutungen hervorruft.

Tim Etchells sagt dazu: «Während die Pandemie Leben und Ökonomien zerstört hat, werden unsere Modelle von sozialer Interaktion, unsere Strukturen und Prioritäten in Frage gestellt, wenn auch in unterschiedlichem Ausmass und mit unterschiedlichen Beweggründen in verschiedenen internationalen Kontexten. Diese begrenzten vorübergehenden Veränderungen der letzten Monate machten die Notwendigkeit grösserer permanenter Veränderungen noch deutlicher. 2020 ist nicht nur das Jahr, in dem Corona globale und lokale Ungerechtigkeiten und Ungleichgewichte verstärkt hat. Es ist auch das Jahr, in dem die Black-Lives-Matter-Demonstrierenden mutig Gleichberechtigung und Gerechtigkeit für People of Color eingefordert haben und in dem der Druck auf Regierungen, sich ernsthaft um den Klimawandel zu kümmern, mit Dringlichkeit und Leidenschaft aufrechterhalten worden ist. Die hektische Rückkehr zum ‹Business as usual› in vielen Ländern folgt verschiedensten Interessen, aber wir sollten die Möglichkeit des Innehaltens und die damit verbundene Gelegenheit einer dringend notwendigen Neubewertung gewohnter Denk- und Handlungsweisen furchtlos und mit offenen Armen ergreifen.»